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Grundwissen Wasserqualität
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Kapitel 3: Wasser als Lebensraum - 
Limnologie und Wasserhygiene
 



Seitenanfang Grundlage: Naturräumliche Gegebenheiten
Definition
Licht
Temperatur
Morphologie

3.1 Leistungen von Organismen im aquatischen Ökosystem

3.1.1 Nahrungsnetze

3.1.2 Stoffkreisläufe: C, N, P, S 
Kohlenstoffkreislauf
Stickstoffkreislauf
Phosphorkreislauf
Weitere Stoffkreisläufe

3.2 Auswirkungen biologischer Aktivität auf die Wasserqualität

3.2.1 Auswirkungen auf den Wasserkörper und das Gewässer
Phytoplankton
herbivores Zooplankton
carnivores Zooplankton
planktivore Fische
piscivore Fische
Bakterien
weitere Organismengruppen

3.2.2 Trinkwasseraufbereitung / Leitungsnetz

3.3 Krankheitserreger

 Inhalt
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Begriff Limnologie

Limnologie ist die Wissenschaft von Binnengewässern als Ökosystem, deren Struktur und Funktion sie erforscht. Die Grundvoraussetzungen zum Verständnis der Prozesse im Gewässer sind Kenntnisse über physikalische, chemische und biologische Zusammenhänge.

 


"Süßwasser-
ökologie"
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Limnophysik

Klima- und witterungsinduzierte Einflüsse auf einen Wasserkörper bestimmen wesentlich dessen qualitative Beschaffenheit. Ebenso wirken naturräumliche Gegebenheiten wie Beckenmorphologie, Einzugsgebietsgröße und Untergrundbeschaffenheit auf die Wasserqualität. Dabei kann eine erhebliche räumliche und zeitliche Variabilität der Qualität auftreten, die in bestimmten Grenzen vorhersehbar ist.
 


Struktur
Schichtung
Hydrologie
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Strahlung
 

Die Strahlung, die in ein Gewässer eindringt ist ein entscheidender Faktor für die Primärproduktion  sowie für die sich einstellende Temperaturschichtung. Das in ein Gewässer eindringende Licht wird gestreut und absorbiert, wodurch ein vertikaler Gradient entsteht. Der zurückgehaltene Betrag der Strahlung wird "Extinktion", der durchgehende als "Transmission" bezeichnet.


Abb. 1: Eindringtiefe des Lichts in den Wasserkörper von Gewässern
 

Einzelne Wellenlängen werden unterschiedlich stark absorbiert, so daß sich die Lichtfarbe mit der Wassertiefe ändert. In reinem Wasser wird Rot am stärksten absorbiert, während das kurzwellige Blau die größte Transmission hat. Entsprechend der im Wasser gelösten Substanzen und suspendierter Partikel (Algen, Huminstoffe) können sich diese Verhältnisse ändern. Diese Spektralverhältnisse bestimmen, bis zu welcher Tiefe Photosynthese (Spektralbereich 400 - 750 nm photosynthetisch aktive Strahlung, PAR) möglich ist. Als grobes Maß für die Untergrenze, in der noch autotrophe Produktion erfolgt, gilt 1 % der PAR an der Gewässeroberfläche (Kompensationspunkt, Atmung = Photosynthese). Dieser durchlichtete Bereich wird euphotische Zone bezeichnet.


Abb. 2:

Tiefenverteilung des Lichts in einem See und schematische Eindringtiefe unterschiedlicher Spektralbereiche in das Wasser
 

Von außen wird die Farbe eines Gewässers durch die Reflexion der Himmelsfärbung und von dem Spektrum des Lichts, welches das Wasser wieder verläßt, nachdem es schon eingedrungen war, bestimmt. Blaues Licht wird von reinem Wasser am stärksten gestreut, so daß reines Wasser blau erscheint.
 
 

Die Strahlung in Wellenlängen unterhalb des sichtbaren Lichts (UV) wirkt in den obersten Wasserschichten hemmend auf die Bioproduktion. Langwellige Strahlung (IR) hat einen wesentlichen Einfluß auf das Schichtungsverhalten des Gewässers.

Eisbedeckung mit Schneeauflage kann aufgrund von Absorption und Reflexion zu einer starken Verringerung der Transmission führen, während reines Eis ähnliche optische Eigenschaften wie Wasser aufweist. Dann ist Algenwachstum unter der Eisdecke gut möglich.


Extinktion
 
 
 
 
 
 
 
 


Photo-
synthese


Kompen-
sations-
punkt
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Licht-
spektrum
 
 
 
 
 


Eis-
bedeckung

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Schichtungsverhältnisse
 

Eine entscheidende Beeinflussung der Wasserqualität ergibt sich aus dem jeweiligen Schichtungstyp eines Gewässers. Je nach geographischer Lage und Beckenmorphologie können folgende Typen unterschieden werden:


Tab. 2: Schichtungstypen stehender Gewässer
 
 
Typ  Verhalten Lage/Ursache
Amiktisch ganzer See keine Zirkulation Arktis, Antarktis, Hochgebirge, ständig Eisbedeckung
Meromiktisch Zirkulation nur teilweise, tiefe Bereiche ständig stagnierend  sehr windgeschützt, tief, oder große Dichtegradienten
Oligomiktisch Zirkulation nicht in jedem Jahr klimaabhängig sehr großes Volumen
Monomiktisch Zirkulation einmal im Jahr Polargebiete, Sommerzirkulation, gemäßigte (südl.) Breiten, nur Winterzirkulation
Dimiktisch Zirkulation zweimal pro Jahr gemäßigte Breiten, Frühjahrs- und Herbstzirkulation
Polymiktisch ständige Zirkulation, geringe Temperaturgradienten  Tropen und gemäßigte Breiten, Flachseen

Die Ursache für das in Tab. 2 aufgezeigte Schichtungsverhalten liegt in der Dichteanomalie des Wassers und dem Einfluß des Windes. Da Wasser bei °C seine größte Dichte hat, wird es sowohl bei weiterer Abkühlung als auch bei weiterer Erwärmung leichter. Durch die so entstehenden Dichtegradienten entsteht eine stabile Schichtung. Je höher der Dichtegradient wird, um so stabiler wird die Schichtung und der Widerstand, welcher der Kraft des Windes entgegenwirkt. In den Sommermonaten werden an Seen gemäßigter Breiten deshalb nur die oberflächennahen Bereiche durchmischt (Epilimnion).
 

Mit zunehmender Abkühlung im Herbst nimmt die Dichte des oberflächennahen Wassers ab, so daß die Kraft des Windes auch eine Zirkulation des Tiefenwassers herbeiführt. Mit weiterer Abkühlung des oberflächennahen Wassers unter 4 °C und Bildung einer Eisdecke geht der Wasserkörper von der Herbstzirkulation in die Winterstagnation über, die im Frühjahr mit beginnender Erwärmung wieder von der Frühjahrszirkulation abgelöst wird.

 Abb. 3: Schichtungsverhalten tiefer Gewässer im Jahresverlauf

Mixis
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Dichte-
anomalie
 


Zirkulation
 
 


Stagnation

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Naturräumliche Gegebenheiten
 

Die Wasserqualität eines Gewässers wird in entscheidendem Maße von der Gestalt des Beckens (Form, Größe), dessen Lage (Windrichtung, Sonneneinstrahlung) und von der Größe des zugehörigen Einzugsgebiets bestimmt. Deshalb werden für die Einstufung von Gewässern im Hinblick auf die Wasserqualität nicht nur die Angaben über die vorliegende Qualität, sondern auch morphologische Daten herangezogen [TGL-Vorsperren, TGL-KLassifizierung].
 
 

Die Größe des Hypolimnions eines Gewässers nimmt mit dessen Tiefe zu, während die Epilimniongröße konstant bleibt. Das heißt, daß für den Abbau der im Epilimnion gebildeten Biomasse  ein größeres Volumen (Sauerstoffvorrat) zur Verfügung steht. Mit der Größe und Tiefe des Gewässers nimmt zudem der Einfluß des Sediments ab und die Pufferkapazität gegenüber Schadstoffeinträgen wird größer. Der natürlich bedingte Nährstoffeintrag, der mit der Größe des Einzugsgebiets zunimmt, wirkt auf kleine Gewässer gravierender.
 

Abb. 4:
Beeinflussung der Wasserqualität in unterschiedlich geformten Wasserkörpern und unterschiedlichen Verhältnissen Beckenvolumen / Einzugsgebiet 

Die Wasserqualität (trophische Belastung) kleiner Standgewässer mit großem Einzugsgebiet kann deshalb trotz sanierter Einzugsgebiete und Zuflüsse schon aufgrund naturräumlicher Gegebenheiten für die Trinkwassergewinnung nicht immer ausreichend sein. Die Form des Beckens, dessen Ausrichtung bezogen auf die Hauptwindrichtung sowie die Morphologie der umgebenden Landschaft (windgeschützt) bestimmen das Schichtungsverhalten des Wasserkörpers. Tiefe, langgestreckte Seen (Rinnseetyp, Talsperren), die in windgeschützter N-S-Ausrichtung liegen, weisen deshalb nur kurze Zirkulationsphasen auf, während Flachseen oft ganzjährig zirkulieren.


Becken-
volumen
 


Aufenthalts-
zeit
 


Puffer-
kapazität
 


Flächen-
belastung




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3.1 Leistungen von Organismen im aquatischen Ökosystem
 

In allen natürlichen Gewässern, welche nicht durch extrem lebensfeindliche Umwelteinflüsse (z. B. toxische Abwässer, hohe Temperaturen) geprägt sind, bauen sich Populationen verschiedenster Organismengruppen auf, die, geprägt durch externe und interne Energie- und Stoffströme sowie durch Wechselbeziehungen innerhalb der Lebensgemeinschaften, eine Biocoenose bilden. Ausschlaggebend für die Intensität und Qualität biologischer Stoffumsatzprozesse ist die Verfügbarkeit von Ressourcen (Nahrungs-, Licht- und chemische Energie). Wesentliche Interaktionen zwischen den Arten sowie innerhalb einer Art sind Konkurrenz um Ressourcen und Räuber-Beute-Beziehungen. Aus diesen Wechselwirkungen und der Verfügbarkeit von Ressourcen resultieren Wachstums- und Reproduktionsraten. Aquatische Lebensgemeinschaften dienen in vielfältiger Weise der Verbesserung der Wasserqualität (z. B. Selbstreinigungspotential von Fließgewässern, Abwasserbehandlung). Andererseits können Anwesenheit und Aktivität bestimmter Organismen die Wasserqualität erheblich beeinträchtigen.

Leistungen
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3.1.1 Nahrungsnetze
 

Die wichtigsten Wechselwirkungen innerhalb einer Lebensgemeinschaft beruhen auf dem Verbrauch und dem Gewinn von Nahrung. Die daraus resultierenden Räuber-Beute-Beziehungen können in einer einfachen Veranschaulichung der Nahrungskette - Pflanzen (Produzenten) pflanzenfressende Tiere (Primärkonsumenten) fleischfressende Tiere (Sekundärkonsumenten) Bakterien (Destruenten) - dargestellt werden. In aquatischen Nahrungsketten des Freiwassers werden diese trophischen Ebenen durch die Lebensgemeinschaften - Phytoplankton, Zooplankton, planktonfressende Fische, Raubfische und Bakterien - eingenommen.


Abb. 5:Wichtige Glieder einer Nahrungskette im Freiwasser und deren Funktion im Ökosystem- Grafik 2.4.1
 

Die Besiedlung eines Gewässers mit Organismen und der Aufbau von Nahrungsketten erfolgt in starker Abhängigkeit vom verfügbaren Nahrungsangebot für das Phytoplankton, da nur dieses im Freiwasser in der Lage ist, unter Nutzung von Nährstoffen Biomasse zu produzieren. Nur wenn alle lebensnotwendigen Nährstoffe sowie Lichtenergie zur Verfügung stehen, ist Photosynthese und somit Bioproduktion überhaupt erst möglich. Dies sind C-, N-, und P-Verbindungen. In mäßig bis wenig belasteten Talsperren unserer Breiten kommt dabei dem Phosphor eine entscheidende Bedeutung zu, da dieser natürlich begrenzt ist und somit als limitierender Faktor für das Algenwachstum (Primärproduktion) wirkt. Die Höhe der Primärproduktion eines Gewässers entscheidet über die Intensität aller Stoffumsatzprozesse und somit über die bestehende Wasserqualität (Eutrophierung). Die Phosphorbelastung und das daraus resultierende Algenwachstum (gemessen in Form des Pigments Chlorophyll-a) sind deshalb entscheidende Kriterien zur Bewertung des trophischen Zustandes stehender Gewässer [LAWA, TGL].
Abb. 6:
Verfügbarkeit von Energie und mineralisch gelösten Nährstoffen im Wasser für die Primärproduktion von Algenbiomasse Grafik 2.4.2
 
 
 
Die Stoff- und Energieströme zwischen den einzelnen Gliedern einer Nahrungskette beruhen auf dem Austausch von chemischer Energie (organische Substanzen für heterotrophe Lebensformen, anorganische Verbindungen für chemoautotrophe Bakterien). Diese steht in Form von Partikeln oder gelösten Stoffen zur Verfügung. Der Hauptanteil der erforderlichen Energie gelangt in Form von Lichtenergie in die Nahrungskette, welche für die Photosynthese des Phytoplanktons unter Nutzung mineralischer Pflanzennährstoffe zum Aufbau der Biomasse erforderlich ist. Wärmeenergie kann zur Primärproduktion nicht genutzt werden; ist aber für die Geschwindigkeit biogener Stoffumsatzprozesse und chemischer Reaktionen von Bedeutung.
Abb 7: 

Schematische Darstellung von Stoff- und Energieströmen innerhalb des Nahrungsnetzes des Freiwassers - Grafik 2.4.3
 

Die in Abb. 7 dargestellten Beziehungen stellen die grundlegenden Zusammenhänge zum Verständnis der trophischen Beziehungen innerhalb des Freiwasser-Ökosystems dar. Das tatsächliche Bild würde wesentlich komplexer und für jedes Gewässer individuell anders aussehen. Die eindeutige Zuordnung von Organismengruppen zu bestimmten trophischen Ebenen ist nur bedingt möglich, da sich das Nahrungsspektrum auf verschiedene Ebenen erstrecken kann. So können beispielsweise innerhalb des Zooplanktons räuberische Arten auftreten, die dann schon der nächst höheren Ebene zugeordnet werden müßten. Viele Fischarten können sowohl algenfressend, zooplanktonfressend und sogar räuberisch leben. Zudem ist bei Fischen der Kannibalismus nicht zu vernachlässigen. Anstelle der einfachen Nahrungskette tritt deshalb ein wesentlich komplexeres Bild eines Nahrungsnetzes. Wichtige Bestandteile dieses Nahrungsnetzes im Freiwasser sind (mit wenigen Beispielen):
Tab. 3.1: Glieder des Nahrungsnetzes im Freiwasser eines Gewässers 
 
Organismengruppe Beschreibung / Vertreter
Phytoplankton: Picoplankton (< 2 µm, Cyanobakterien), Nanoplankton (2 - 30 µm, Chlorococcale), Netzplankton ( 30 µm, Chlorophyceen, Dinophyceen)
Zooplankton: Protozoen (Ciliaten, Amöben, Strahlentierchen), Rotatorien, herbivoreCrustaceen (Daphnien), carnivore Crustaceen (Leptodora), Insektenlarven (Chaoberus)
Fische: Planktivore Fische (Plötze, Maräne), piscivore Fische (Hecht, Zander)
Bakterien: Heterotrophe Bakterien (Abbau von organischen Verbindungen im Abwasser, anaerob und aerob), autotrophe Bakterien (Nutzung anorganischer Verbindungen)

Nahrungs-
netz
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Primär-
produktion
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Stoff- und
Energieströme
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

 

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3.1.2 Stoffkreisläufe: C, N, P, S
 

Die wichtigsten Nährstoffe für die Primärproduzenten im Gewässerökosystem sind Phosphor, Stickstoff, Schwefel, Kohlenstoff und Kieselsäure. Aber auch Spurenmetalle sowie organische Komponenten und Vitamine werden genutzt (vergl. Abb. 6). Der Umsatz dieser Nährstoffe erfolgt in Kreisläufen, die im Folgenden einzeln behandelt werden. In natürlichen Gewässern sind diese Kreisläufe vielfältig miteinander verknüpft. Allen Stoffkreisläufen ist gemeinsam, daß sie extern über Zuflüsse und atmosphärische Einträge gespeist werden können und daß ihnen auf der anderen Seite durch Abfluß, Sedimentation und Ausgasung Stoffe entzogen werden. Stoffkreisläufe beruhen auf biologischen Umsetzungen und abiotischen Reaktionen.  Für die Praxis der Wassergütebewirtschaftung ist entscheidend, daß viele biologische Umsetzungen mit einer Überführung gelöster Substanzen in partikuläre Form verbunden sind. Diese Prinzipien werden technologisch vielfältig genutzt.

 
 


Stoffkreisläufe
 
 
 
 
 
 
 
 

 

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Kohlenstoffkreislauf:

Kohlenstoff liegt im Gewässer in folgenden Formen vor:

  • anorganisch gelöster Kohlenstoff (DIC, "dissolved inorganic carbon")

  • Der DIC setzt sich aus CO2, HCO3- und CO32- zusammen. Der jeweilige Anteil dieser Verbindungen ist pH-abhängig. Der abiotische Eintrag in das Gewässer erfolgt in Form von CO2, während der Austrag über Sedimentation (Kalkfällung) und CO2-Ausgasung erfolgt. Der biologische Input von CO2 erfolgt durch die Atmung, während bei Photosynthese und Chemosynthese DIC verbraucht wird und in POC überführt wird. Der anaerobe Abbau von Biomasse führt zum Methan (CH4, organisch), welches bei Anwesenheit von Sauerstoff zu CO2 oxidiert wird.
     
  • organisch gelöster Kohlenstoff (DOC, "dissolved organic carbon")
    Der DOC stellt ein Gemisch verschiedenster Substanzen dar. Teilweise sind sie gut abbaubar und bakterienverfügbar (AOC, von Bakterien assimilierbarer organische gebundener Kohlenstoff). Deshalb besteht der größere DOC-Anteil in natürlichen Gewässern aus schwer abbaubaren Verbindungen (Humussubstanzen, Braunfärbung), da der AOC sofort von Bakterien genutzt wird. Dies ist bei der Desinfektion von Trinkwasser durch Oxidation von Bedeutung, da bei diesem Schritt schwer abbaubare Verbindungen wieder bakterienverfügbar werden können (Wiederverkeimung Rohrnetz). Der Eintrag in die Gewässer erfolgt in gelöster Form über die Zuflüsse (vor allem Mooreinzugsgebiete, Abwasser) und durch Exkretion der Organismen. Der mikrobielle Abbau organischer Partikel ist eine weitere DOC-Quelle. Der Entzug des DOC erfolgt in erster Linie durch die Aufnahme in Bakterienbiomasse.

 
  • partikulärer organisch gebundener Kohlenstoff (POC, "particulate organic carbon")

  • Der POC wird durch alle im Wasser lebenden Organismen repräsentiert sowie durch tote organische Substanz (Detritus). Die Quelle des POC ist die Primärproduktion. Der POC - Anteil wird wesentlich durch die Aktivität der Organismen innerhalb des Nahrungsnetzes bestimmt. Durch den mikrobiologischen Abbau des POC wird dieser wieder in DOC überführt.
Abb. 8:Vereinfachter Überblick zum Kohlenstoffkreislauf in Standgewässern
 
Durch anthropogene Einflüsse können erhebliche DOC-Frachten in Oberflächengewässer gelangen, die dort zu intensiven bakteriellen Stoffumsatzprozessen (Sauerstoffzehrung) führen. Kommunale Abwässer und vor allem Abwässer aus Lebensmittelbetrieben weisen hohe DOC-Konzentrationen auf. In der Laboranalytik werden äquivalente Kriterien für den DOC (CSV, BSB) bestimmt.

Kohlenstoff-
kreislauf
 
 
 
 
 


DIC - anorganischer
Kohlenstoff
 
 
 


DOC - anorganischer
Kohlenstoff


Wieder-
verkeimung
 


POC - 
partikulärer
Kohlenstoff
 
 
 

BSB, CSB,
Oxidierbarkeit

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Stickstoffkreislauf
 

Stickstoff liegt in Gewässern in Form von elemetarem Stickstoff (N2) sowie Nitrat (NO3-), Nitrit (NO2-) und Ammonium (NH4+) vor. Der elementar gelöste Stickstoff (Löslichkeit ca. 20 mg/l) kann jedoch nur durch wenige Organismen (Cyanobakterien) als Nährstoff genutzt werden. Die wichtigsten anorganischen Stickstoffquellen für die Primärproduktion sind somit NO3-, NO2- und NH4+. Der in Biomasse fixierte Stickstoff wird als PON (partikulärer organisch gebundener Stickstoff) oder SON (suspendierter organisch gebundener Stickstoff) bezeichnet. Durch den Abbau von PON und Exkretion entsteht gelöster organischer Stickstoff, DON.

Entsprechend dem Vorhandensein oder Fehlen von Sauerstoff liegen die im Wasser gelösten N-Verbindungen in unterschiedlichem Oxidationszustand vor, welcher durch mikrobielle Umsetzungen eingestellt wird.


Tab. 6: Beispiele für in natürlichen Gewässern vorkommende Stickstoffverbindungen und deren Oxidationsstufen
 
Bezeichnung
Oxidationsstufe
Nitrat (Ion) NO3-
+ 5
Nitrit (Ion) NO2-
+ 4
Stickstoff, elementar N2
0
Ammonium (Ion) NH4+
- 3
Ammoniak NH3
- 3
organisch geb. N SON 
- 3

Durch den mikrobiellen Abbau des PON (SON) sowie durch Ausscheidungen von Organismen wird Ammonium freigesetzt (Ammonifikation), während durch Aminosäuresynthese PON gebildet wird. Der Begriff "Nitratammonifikation" beschreibt die im anaeroben Milieu stattfindende Nitratatmung, bei der ebenfalls Ammonium entsteht. Entsteht dabei elementarer Stickstoff, wird von "Denitrifizierung" gesprochen. Bei Anwesenheit von Sauerstoff (aerobes Milieu) wird wiederum Ammonium über die Zwischenstufe Nitrit zu Nitrat oxidiert (Nitrifikation).


Abb. 9: Vereinfachter Überblick zum Stickstoffkreislauf in Standgewässern
 

Anorganische Stickstoffverbindungen gelangen überwiegend durch Zuflüsse und atmosphärische Einträge in die Gewässer. Hohe Ammoniumkonzentrationen lassen auf kommunale Abwässer und Gülle schließen, während hohe Nitratfrachten dem Einfluß mineralischer Düngung zuzuschreiben sind. Entsprechend der Belastung eines Gewässers mit weiteren bakterienverfügbaren Nährstoffen (DOC, P-Verbindungen) erfolgen Auf- und Abbau der jeweiligen Stickstoffverbindungen mit unterschiedlicher Intensität. Im Tiefenwasser belasteter Standgewässer und vor allem im Sediment ist beispielsweise eine rasche mikrobielle Zehrung von Nitrat zum Ammonium bzw. Stickstoff möglich, während in Zuflüssen von Standgewässern aufgrund der guten Sauerstoffversorgung (atmosphärischer Eintrag) der größte Teil des anorganischen Stickstoffs in Form von Nitrat vorliegt. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, daß ein wichtiges Kriterium zur Bewertung des pflanzenverfügbaren Stickstoffs auf landwirtschaftlich genutzten Flächen der mineralisch gebundene Stickstoff (Nmin) ist. Dieser Nmin kann durch Erosion und Auswaschung zu erheblichen Nitrateiträgen in die Gewässer führen, da anorganische Stickstoffkomponenten gut löslich und somit sehr mobil sind.

In unbesiedelten Einzugsgebieten kann ein nicht unbedeutender Anteil der Stickstoffbelastung aus atmosphärischen Einträgen resultieren. Hauptquellen der atmosphärischen Belastung sind der Kraftfahrzeugverkehr (NOx, Versauerung) und die Landwirtschaft (Ammonium).


Stickstoff-
kreislauf
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Ammonifikation

Nitratatmung

Denitrifizierung

Nitrifikation
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Nmin

Seitenanfang   Phosphorkreislauf 
Phosphor ist ein essentieller Nährstoff für die Primärproduktion von Biomasse. Phosphor ist wesentlich schwerer löslich als mineralischer Stickstoff, wodurch er in unbelasteten Gewässern zum limitierenden Faktor für das Algenwachstum und somit für die Eutrophierung  wird. Der Phosphor liegt in Gewässern in unterschiedlichen Fraktionen vor, welche eher durch methodisch bedingte Analysenmethoden als durch chemische Charakteristika unterschieden werden:
 
 
  • gelöster, reaktiver Phosphor (SRP, "solouble reactive phosphorus")
Der SRP passiert ohne Aufschluß eine Porenweite von 0,1 - 0,2 µm und besteht überwiegend aus dem freien Orthophosphat-Ion. Dieses gelöste Orthophosphat kann durch das Phytoplankton direkt genutzt werden und ist somit algenverfügbar.
 
 
  • gelöster Gesamtphosphor (TDP, "total dissolved phosphorus")
Der TDP repräsentiert ebenfalls die 0,1 - 0,2 µm-Fraktion, erfaßt aber auch die Verbindungen, die erst nach einem saueren, oxidativen Aufschluß gemessen werden können. Der unreaktive Anteil, der mit diesem Aufschluß bestimmt werden kann geht in den SRP über, er besteht aus organischen Phosphaten und kolloidalem Phosphor.
 
 
  • Gesamtphosphor (TP, "total phosphorus")
Der TP beinhaltet den gelösten, den partikulären und den nach einem Aufschluß meßbaren gesamten Phosphor-Gehalt. Sowohl mineralisch gebundener Phosphor, als auch organisch gebundener Phosphor (Plankton) werden erfaßt.
Im durchlichteten Epilimnion wird der SRP rasch in Algenbiomasse aufgenommen und innerhalb der Nahrungskette weitergegeben so daß er dort oft kaum noch analytisch nachweisbar ist (< 3 µg/l). Vor allem gegen Ende der Sommerstagnation kann dieser algenverfügbare P-Anteil sehr niedrig werden, während im Hypolimnion durch bakteriellen Abbau der Algenbiomasse SRP freigesetzt wird. Mit beginnender Zirkulation (Frühjahr, Herbst) wird SRP wieder in den durchlichteten Bereich transportiert, in dessen Folge verstärktes Algenwachstum möglich ist (Frühsommer). Im aeroben Milieu wird Phosphor relativ schnell an Partikel adsorbiert und gelangt ins Sediment. Die dort vorherrschenden Sauerstoffverhältnisse (Redoxpotenial) bestimmen, ob Phosphat wieder zurückgelöst (Sauerstoffmangel) oder fixiert wird.

Phosphorverbindungen gelangen zum überwiegenden Anteil über die Zuflüsse in die Gewässer. Kommunale und landwirtschaftliche Abwässer tragen dabei entscheidend zur Eutrophierung bei. Die Verwendung phosphatfreier Waschmittel sowie die Einführung von Reinigungsstufen zur P-Eliminierung in kommunalen Kläranlagen führten in Deutschland zu einem Rückgang der P-Belastung der Gewässer. Besiedlung und landwirtschaftliche Aktivitäten im jeweiligen Einzugsgebiet werden jedoch immer eine "Grundlast" darstellen, die vor allem bei Hochwässern eingetragen wird (Erosion, Regenwasserüberläufe von Kläranlagen). Weiterhin stellt die zunehmende Verwendung von phosphorhaltigen Reinigungstabletten in Geschirrspülmaschinen eine nicht zu unterschätzende P-Belastung dar.

Abb. 10: Vereinfachter Überblick zum Phosphorkreislauf in Standgewässern


Phosphor-
kreislauf
 
 
 
 


SRP
 
 
 
 
 
 
 
 
 


TP
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 


Phosphor-
belastung

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Weitere Stoffkreisläufe
 
 

Neben den oben beschriebenen C-, N-, und P-Kreisläufen sollen an dieser Stelle weitere, für die Wassergüte von Standgewässern ebenfalls bedeutende Stoffumsatzprozesse erwähnt werden:
 
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  • Eisen/Mangan


Eisen und Mangan sind in der Regel mineralisch gebundene Bestandteile, deren Anteile von der Geologie des Einzugsgebiets abhängen. Ihre Mobilität und Löslichkeit im Wasser wird jedoch wesentlich durch die Redox- und pH-Verhältnisse bestimmt, d. h., der Chemismus des Wassers und die Sauerstoffverhältnisse entscheiden über Mobilität und Stabilität von Eisen- und Manganverbindungen. Mikrobielle Stoffumsatzprozesse greifen ebenfalls in den Eisen- und Mangankreislauf ein. Die Freisetzung von Eisen und Mangan erfolgt in erster Linie unter anaeroben Bedingungen, wenn Verbindungen mit niedrigeren Oxidationsstufen vorliegen (Fe++, Mn++) sowie im sauren Milieu. Versauerte Gewässer sowie das Tiefenwasser belasteter Talsperren können deshalb hohe Eisen- und Mangankonzentrationen aufweisen. Bei Erhöhung von pH-Wert und Redoxpotential werden Eisen und Mangan in höhere Oxidationsstufen (z. B. Fe3+, Eisen(III)hydroxid) überführt und sedimentieren in Form schwerlöslicher Niederschläge. Dabei können Schwermetalle und Nährstoffe (Phosphat) mitgefällt werden.
 

 Abb. 11: Beispiel für die Stabilität von Eisen- und Manganverbindungen in einem Standgewässer 
 


Eisen,
Mangan
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Silizium

Silizium ist als Nährstoff vor allem für eine Organismengruppe von Bedeutung. Kieselalgen (Diatomeen, Bacillariophyceen) benötigen Silikat zum Aufbau ihres Kieselskelettes. Das gelöste Silikat gelangt als Kieselsäure durch Verwitterung von Silikatmineralien in die Gewässer. Der Lösungsprozeß des partikulären Siliziums erfolgt nur sehr langsam, so daß ein Großteil der Kieselalgenschalen nach dem Absterben bzw. nach der Darmpassage der Zooplankter sedimentiert. Deshalb kann die Zeitspanne zwischen dem Auftreten von Kieselalgenmassenentwicklungen während der Stagnationsphase relativ lang sein. Die Rücklösung von Kieselsäure aus dem Sediment ist vorrangig temperaturabhängig und wird durch die Wasserbewegung über dem Sediment gefördert. Erst die Einmischung von Si-haltigem Tiefenwasser in das Epilimnion während der Zirkulation kann dann erneut zu intensivem Kieselalgenwachstum führen.
 


Silizium,
Kieselsäure
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  • Schwefel

  • Schwefel gelangt durch die Verwitterung schwefelhaltiger Mineralien (Gips, Pyrit) und über atmosphärische Einträge in die Gewässer. Schwefel hat als Nährstoff nur geringe Bedeutung, ist aber an einer Vielzahl von mikrobiellen Stoffumsatzprozessen beteiligt. Unter aeroben Bedingungen liegt der größte Teil des anorganischen Schwefels oxidiert als Sulfat (SO42-) vor. Unter Sauerstoffmangel (Tiefenwasser, Sediment) erfolgt eine Reduktion der Schwefelverbindungen über mehrere Oxidationsstufen. Schwefelreduzierende Bakterien sind am Abbau vom Sulfat bis zum Schwefelwasserstoff (H2S) beteiligt. Zwischenstufen dieses Abbaus sind Sulfit, Thiosulfat und elementarer Schwefel. Ähnlich der Nitratreduzierung laufen schwefelreduzierende Prozesse an der Sedimentoberfläche am intensivsten ab.

    Versauerungsgefährdete, ungepufferte Gewässer sind gegenüber atmosphärischen Schwefeleinträgen gefährdet. Die im sächsichen Raum seit über 4 Jahrzehnten bestehende SO2-Belastung führte nicht nur zu enormen Waldschäden, sondern auch zu einer starken Versauerung einzelner Fließ- und Standgewässer (teilweise unter pH 5,0).


Schwefel
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3.2 Auswirkungen biologischer Aktivität auf die Wasserqualität
 

Organismen können  die Wasserbeschaffenheit positiv oder negativ beeinflussen. Obwohl positive Einflüsse durch die Aktivität von Organismen möglich sind und auch in der Gütebewirtschaftung genutzt werden (vergl. Kap. 4), wird prinzipiell ein Minimum biologischer Aktivität durch Begrenzung der Wachstumsfaktoren, insbes. der Nährstoffeinträge  angestrebt.

Eutrophierungs-
kontrolle
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3.2.1 Auswirkungen auf den Wasserkörper und das Gewässer
 
 

Die Intensität der Wirkungen von Organismen sowie von Energie- und Stoffumsatzprozessen wird in erster Linie durch die Intensität des Algenwachstums bestimmt, da auf diesem Weg Biomasse gebildet wird, welche dann in vielfältiger Weise von anderen Organismengruppen (Nahrungsnetz) genutzt wird. Dabei sind die Wasserorganismen keinesfalls homogen auf den gesamten Wasserkörper verteilt, sondern orientieren sich an physikalisch/chemischen Gradienten (Licht- und Redoxverhältnisse) und dem Nahrungsangebot bzw. Fraßdruck durch Räuber. Wasserflöhe bilden beispielsweise große Schwärme ("patchiness"), in denen sie sich entsprechend dem täglichen Lichtrhythmus im Tiefenwasser (tagsüber, Schutz vor Räubern) oder im oberflächennahen Bereich (nachts, Filtration von Algen) aufhalten (Grafik).
 

Wirkungen
von Organismen
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  • Phytoplankton (Primärproduzenten)
    Das Phytoplankton ist in stehenden Gewässern die einzige Lebensgemeinschaft, die im Freiwasser Photosynthese durchführt. Unter Nutzung anorganischer, energiearmer Nährstoffe sowie des Lichts werden organische, reduzierte, energiereiche Verbindungen (Eiweiße, Fette, Kohlehydrate, vergl. Abb. 6) synthetisiert. Entsprechend den verfügbaren Nährstoffen (Phosphat) wird die Wasserqualität mehr oder weniger intensiv durch die Primärproduktion beeinflußt:


Direkte Auswirkungen des Phytoplanktons:

  • Erhöhung der Sauerstoffkonzentration (Übersättigung möglich) 
  • Erniedrigung der CO2-Konzentration* 
  • Ausfällung von Calciumcarbonat ("biogene Entkalkung")* 
  • Erhöhung des pH-Wertes* 
  • Verringerung der Konzentration gelöster Nährstoffe im Freiwasser 
  • Anstieg des Biovolumens 
  • Erhöhung der Trübung 
  • Verringerung der Sichttiefe 
*vergl. Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht
 
Nachts bzw. im Tiefenwasser ist keine Photosynthese möglich. Auch im Phytoplankton überwiegen dann respiratorische (Atmungs-) Prozesse, wobei unter Sauerstoffverbrauch CO2 entsteht.
 

Wirkungen
des
Phytoplanktons

- Biovolumen
- Sauerstoff
- pH-Wert
- Trübung
- Sichttiefe
 

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  • herbivores Zooplankton (algenfressendes Zooplankton, Konsumenten erster Ordnung)
    Zu den algenfressenden Zooplanktern gehören sowohl Rädertiere (Rotatorien), Wimpernierchen (Ciliaten), als auch Kleinkrebse. Dabei sind vor allem größere Kleinkrebsformen wie Cladoceren (Blattfußkrebse, Wasserflöhe) und Copepoden (Ruderfußkrebse, Hüpferlinge) effektive Algenfiltrierer. Dieser Zooplanktongruppe kommt im Rahmen von Restaurierungsmaßnahmen von Gewässern (vergl. 4, Biomanipulation) eine große Bedeutung zu.


Wesentliche Wirkungen herbivorer Zooplankter auf die Qualität des Freiwassers sind:

Direkte Auswirkungen des Zooplanktons:

  • Verringerung der Algenbiomasse 
  • Erhöhung der Sichttiefe 
  • Verringerung der Trübung 
  • Respiration (Atmung, Sauerstoffverbrauch, CO2-Bildung) 
    Neben Phytoplankton gehören vor allem auch Bakterien zum Nahrungsspektrum filtrierender Zooplankter. Zooplankton kann deshalb auch eine gewisse Rolle bei der Eliminierung von Krankheitserregern spielen.

Wirkungen
des
Zooplanktons:

Qualitäts-
verbesserung
durch Biofiltration

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    Zooplanktonfressende Wasserflöhe (z. B. Leptodora sp.) und Insektenlarven (z. B. Chaoberus spec.) stehen in unmittelbarer Nahrungskonkurrenz mit planktivoren Fischen (planktonfressend). Ihre Bedeutung ist im Rahmen von Maßnahmen der Biomanipulation (vergl. 4) nicht zu unterschätzen, da sie die erwünschten Cladoceren und Copepoden dezimieren.

carnivore
Invertebraten:

Bio-
manipulation
übersteuert?

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    Die unmittelbare Wirkung von Fischen auf die Wasserqualität ist mit Ausnahme ihrer Atmungsaktivität als gering einzuschätzen. Die Bedeutung der Friedfische im Hinblick auf die Nahrungsnetzsteuerung (vergl. 4) ist jedoch hoch, da sie sich von dem erwünschten Zooplankton ernähren. Die Wühltätigkeit von Fischen (Karpfen) kann zur Schädigung benthischer Lebensgemeinschaften und zu einem Nährstoffrücktransport ins Freiwasser führen. Der Einsatz von pflanzenfressenden, faunenfremden Fischen (Marmor- und Silberkarpfen) zur Verbesserung der Wasserqualität von Standgewässern hat sich nicht bewährt.

Friedfische
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    Raubfische, die das Endglied der Nahrungskette darstellen, können den Friedfischbestand kontrollieren und somit im Sinne der Biomanipulation zu einer Verbesserung der Wasserqualität führen. Generell ist muß jedoch bedacht werden, daß die jeweiligen Altersklassen unterschiedliche Nahrungsspektren haben. Die Brut vieler Raubfische lebt planktivor, während sich adulte Friedfische auch piscivor ernähren können.


Raubfische
Seitenanfang Abb. 12: Beeinflussung der Wasserqualität durch wichtige Organismengruppen des Freiwassers im Epilimnion
Grafik
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  • Bakterien

  • Die in der Primärproduktion gebildete und durch die Nahrungskette veränderte Biomasse wird durch den mikrobiellen Abbau (Bakterien) mineralisiert. Bakterien sind in der Lage, die Energie nahezu aller natürlichen Verbindungen über Oxidations- und Reduktionsreaktionen zu verwerten. Alle aquatischen Lebensräume werden mit Bakterienpopulationen besiedelt, die äußerst effektiv die vorhandenen Ressourcen nutzen. Die Vielfalt der dabei ablaufenden Prozesse übertrifft die bereits erwähnten Interaktionen zwischen Phytoplankton, Zooplankton und Fischen mehrfach. Die Wasserbeschaffenheit kann durch bakteriologische Aktivitäten erheblich verändert werden.


Abb. 13: Beispiele von mikrobiellen Umsetzungen beim Abbau von Biomasse
 

Die in Abb. 13 gezeigten Beispiele zeigen nur einige wesentliche Verbindungen, die beim Abbau von Biomasse entstehen und für die Wasserqualität von Bedeutung sind. Für den Abbau der Biomasse (Umsatz reduzierter, organischer Verbindungen in oxidierte, mineralische Verbindungen) wird Sauerstoff benötigt. Andererseits wird die Abbauleistung der Bakterien entscheidend durch die Sauerstoffverhältnisse geprägt. Die unter aeroben Verhältnissen entstehenden Konzentrationen mineralisierter Verbindungen üben in der Regel keine negativen Einflüsse auf die Wasserqualität im Hinblick auf die Trinkwassernutzung aus. Sie sind ökotoxikologisch unbedenklich. Organische Verbindungen werden durch Bakterien unterschiedlich schnell mineralisiert. Schwer abbaubare Moleküle können über längere Zeit stabil bleiben (Huminstoffe, Braunfärbung) und mit anderen Elementen komplexe Verbindungen eingehen.

Eine hohe Biomassebelastung des Tiefenwassers erhöht die bakteriologische Aktivität und kann einen Verbrauch des gelösten Sauerstoffs zur Folge haben. Unter den vorherrschenden anaeroben Bedingung entstehen Verbindungen, die sowohl im Hinblick auf die Trinkwassernutzung als auch hinsichtlich ihrer Wirkung gegenüber höheren Wasserorganismen bedenklich sind. Ammonium geht z. B. bei höheren pH-Werten in Ammoniak über, welcher unmittelbar ätzend wirkt (Kiemen von Fischen usw.). Schwefelwasserstoff wirkt toxisch und darf im Trinkwasser nicht nachweisbar sein (Geruch). H2S wirkt außerdem aggressiv gegenüber Armaturen. Anaerobe Verhältnisse (niedriges Redoxpotential) führen zu einer Reihe von Rücklösungsprozessen unerwünschter Inhaltsstoffe aus dem Sediment. Eisen- und Manganrücklösungen zählen zu den häufig auftretende Qualitätsbeeiträchtigungen des Tiefenwassers von tiefen Standgewässern. Die ebenfalls unter anaeroben Bedingungen stattfindende Rücklösung von Phosphor-Verbindungen bewirkt eine Förderung der Primärproduktion (Rückkopplung), wenn das Tiefenwasser in die euphotische (durchlichtete) Schicht gelangt.
 



Wirkungen
von
Bakterien

- Abbau von
Biomasse
- Sauerstoff-
verbrauch

Eisen

Mangan

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  • Weitere Organismengruppen

  • Die oben beschriebenen Lebensgemeinschaften stellen die Gruppen dar, die generell entscheidende Einflüsse auf die Wasserqualität ausüben. Darüber hinaus existieren Lebensgemeinschaften, die entsprechend der Spezifik des Gewässers von Bedeutung werden können. Dazu gehören beispielsweise benthisch lebende Organismen, die in den Fließgewässern, welche den Standgewässern zufließen, einen Anteil an der Selbstreinigung haben. Wasserpflanzen (submerse Makrophyten) und Röhricht tragen entscheidend zur Stabilisierung und Sauerstoffversorgung des Sediments bei und entziehen dem Freiwasser Phosphat (vergl. Pegelschwankungen, Kap. 4). Besonders in Flachwasserbereichen mit geringen Pegelschwankungen können sich Biotope ausbilden, welche wertvolle und geschützte Arten beherbergen (Amphibien).

    Makrophyten

    Amphibien

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    3.2.2 Trinkwasseraufbereitung / Leitungsnetz

    Obwohl Probleme der Wasseraufbereitung und -verteilung nicht vordergründiger Gegenstand des vorliegenden Informationssystems sind, werden von Verbänden, Büros und Institutionen, die sich mit der Gewässerqualität beschäftigen, in der Regel grundlegende Kenntnisse über die Aufbereitung des Oberflächenwassers zu Trinkwasser erwartet. Das Rohwasser unbelasteter, oligotropher Seen und Talsperren kann zwar bereits Trinkwasserqualität aufweisen, für den Transport in weitverzweigten Fernleitungsnetzen mit langen Fließ- und Aufenthaltszeiten müssen jedoch einige grundlegende Aufbereitungsschritte erfolgen. Die wichtigsten sind:
    • Entnahme von Biomasse durch Flockung und Filtration
    • Einstellung chemischer Gleichgewichte (Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht)
    • Desinfektion
      In der Aufbereitung von Oberflächenwasser kommt der Entnahme von Biomasse neben der Entnahme mineralischer Trübstoffe eine große Bedeutung zu. Dabei richtet sich der technologische Aufwand nicht nur nach der Menge der Biomasse, sondern sehr stark nach deren Zusammensetzung. Große Zooplankter können bereits durch Mikrosiebe eliminiert werden, während das wesentlich kleinere Phytoplankton (5 - 50 µm) in der Regel nur nach vorheriger Flockung (Eisenchlorid, Aluminiumsulfat, Flockungshilfsmittel) filtriert werden kann, da es sonst aufgrund der geringen Zellgröße die Filter ungehindert passiert. Durch die Flockung mit Metallsalzen werden die kleinen Partikel in die größeren Flockenkomplexe eingebunden. Neben der Eliminierung von Partikeln können durch die Flockung auch gelöste Verbindungen (DOC, Phosphat, Eisen) abgetrennt werden. Für die wirkungsvolle Algenentnahme ist nicht nur die Zellgröße, sondern auch die Form der Zellen von Bedeutung. Kleine kugelige Algenzellen (chlorococcale Formen) sind schlechter eliminierbar als sperrige Kieselalgen. Fädige Formen (Cyanobakterien oder Kieselalgen) können die Filter schnell verstopfen.

    Flockung
    Filtration
    Desinfektion
    Entsäueung
    Enteisung
    Entmanganung
    chemisches
    Gleichgewicht
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    Einige Algen (Uroglena spp., Synura spp.) sind dafür bekannt, daß sie vor allem unter Stress in der Wasseraufbereitung intensive Geruchs- und Geschmacksstoffe (fischig usw.) bilden, die einen zusätzlichen Einsatz von Aktivkohle erfordern . Besonders problematisch ist das Auftreten von Cyanobakterien ("Blaualgen"), da diese neben Allergenen auch Cyto- und Neurotoxine ausscheiden [5].

    Geruch
    Geschmack
    Toxine
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    Viele einzellige Algen (Cyanobakterien, Chrysophyceen, Cryptophyceen, Chlorophyceen) und natürlich die Zooplankter sind eigenbeweglich. Sie können sich aus dem Al- bzw. Eisenflocken befreien und auch auf diese Weise in das Reinwasser und somit ins Leitungsnetz gelangen. Dann ist der Einsatz zusätzlicher Oxidationsmittel zur Hemmung der Beweglichkeit (z. B. Kaliumpermanganat) bereits vor der Filtration erforderlich.

    Eigen-
    beweglichkeit
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    Geringste Biomasseenteile, die in das Reinwasser bzw. ins Leitungsnetz gelangen, sind zwar in der Regel nicht unmittelbar gesundheitlich bedenklich, sie stellen aber einen Nährboden für die Wiederverkeimung des Rohrnetzes dar. In weitverzweigten Leitungsnetzen, in denen der Eintrag gelöster (DOC) oder partikulärer organischer Substanzen nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, muß ein Desinfektionsschutz bis zum Endverbraucher gewährleistet sein. Dies erfolgt in vielen Fällen durch den Einsatz von Oxidationsmitteln wie Chlor oder Chlordioxid, welche die Zellmembranen der Bakterien oxidieren. Die Betreiber von Aufbereitungsanlagen streben jedoch eine vollständige Entnahme der Biomasse an, da der Einsatz von Chlor und Chlordioxid bei Anwesenheit organischer Verbindungen zu gesundheitsschädlichen Desinfektionsnebenprodukten führen kann. Einige Versorger in Deutschland kommen bereits mit einer alleinigen UV-Desinfektion am Wasserwerksausgang aus. Unter dem Aspekt des Auftretens chlorresistenter Darmparasiten [11] sollte die Entnahme von Partikeln so perfektioniert werden, daß ein Trübungswert von 0,1 NTU unterschritten wird (Grenzwert nach [24] 1,5 NTU).

    Wieder-
    verkeimung
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    3.3 Krankheitserreger

    Trinkwasserbedingte Erkrankungen gaben gegen Ende des 19. Jahrhunderts den Anstoß, erste Normen über die Beschaffenheit und Aufbereitung von Trinkwasser zu erstellen (z. B. Hamburger Cholera-Epidemie 1892, bei der 17.000 Menschen erkrankten) [1].

    Trinkwasserbedingte Epidemien gehören in Deutschland weitestgehend der Vergangenheit an. Wie jedoch Beispiele aus den angelsächsischen Ländern in jüngster Zeit zeigen [11] können nachlässig betriebene Trinkwassersysteme angesichts großer Verbundsysteme zu Epidemien von gewaltigem Ausmaß führen. Die öffentlichen Versorger, welche Oberflächenwasser aufbereiten, sind sich dieser Gefahr bewussßt und setzen sich deshalb Qualitätsziele, die über die Anforderungen nach [24] hinausgehen (Trübung: statt 1,5 NTU 0,1 NTU). Die größerer Gefahr für den einzelnen Verbraucher geht heutzutage eher aus falsch verstandenen Sparzwängen aus. Die Abkopplung von öffentlichen Versorgungsnetzen und unsachgemäß betriebene Eigenwasserversorgungen sind laut Statistik derzeit Ursache der häufigsten trinkwasserbedingten Erkrankungen.

    Die wichtigsten Krankheitserreger gehören zu den großen Gruppen der Viren, der Bakterien und der parasitisch lebenden Protozoen. Sie können auf unterschiedlichen Wegen in die Oberflächengewässer gelangen. Hauptquellen sind kommunale und landwirtschaftliche Abwässer (erkrankte Viehbestände). Neben dem direkten Eintrag von Erregern stellen schlecht gepflegte Rohrnetze und Hochbehälter Wiederverkeimungspotentiale dar. Die Aufnahme der Erreger erfolgt in der Regel oral oder durch Einatmen von Aerosolen (Legionella pneumophila).

    Die folgende Tabelle stellt die bekanntesten und stark virulente Erreger dar. Darüber hinaus existiert eine Vielzahl von bekannten Erregern, die jedoch in mehr oder weniger pathogenen Stämmen auftreten können (Salmonellen). Schwache Krankheitsverläufe, wie unspezifische Durchfälle, können trinkwasserbedingt sein. Sie werden jedoch nur selten ärztlich behandelt bzw. statistisch erfasst.


    Tab. 8: Überblick über wichtige Krankheitserreger im Wasser und deren Krankheitsbilder
     
    Erreger Erkrankungsbild
    Bakterien
    Pathogene E. coli (EHEC) Enteritis, Colitis
    Salmonella div. spec. Gastro-Enteritis (u. a. Typhus) 
    Shigella Ruhr 
    Vibrio cholerae Cholera 
    Legionella pneumophila schwere Lungenentzündung 
    Viren
    Enteroviren (Coxsacki, Polio) Hepatitis-A
    Rotaviren  Gastro-Enteritis bei Säuglingen
    Protozooen
    Cryptosporidium parvum 
    Giardia intenstinalis
    Gastro-Enteritis 
     Entamoeba histolytika Gastro-Enteritis 

     

    Trübung
     
     


    Bakterien
    Viren
    Parasiten
     


    Durchfall
     

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    Unter den genannten Erregern sind viele, die durch die klassischen Bestimmungsmethoden (Indikatorsystem, s..4.4) erfaßt werden und durch oxidative Verfahren (Chlor) abgetötet werden können. Die bereits erwähnten Epidemien im angelsächsischen Raum durch Cryptosporidien und Giardien lösten jedoch auch in Deutschland eine erneute Diskussion über die hygienischen Anforderungen an die Trinkwasserversorgung aus Talsperren aus. Diese Protozoen sind chlorresistent, wobei bereits eine lebenfähige Cyste eine Infektion auslöst. Man geht deshalb daran, Verfahren der Wasseraufbereitung dahingehend neu zu bewerten, daß nicht nur partikuläre Inhaltsstoffe insgesamt (ästhetische Aspekte) sondern auch einzelne Organismen aus dem Wasser abgetrennt werden müssen.

    Chlor
    Desinfektion
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    Management weiter

    | © 2000     Hartmut Willmitzer |